Deus ex machina

Ein Magnet hat zwei Pole. Zersägen wir den Magneten, hat auch jedes Teilstück wieder zwei Pole. So ist es auch mit unseren Gedanken: jede Wahrheit hat und braucht zwei Seiten. Und wir können ins Unendliche jeden Gedanken zersägen, um zu einer finalen, universellen Wahrheit vorzudringen, und doch, jeder Denkschluss offenbart wieder zwei Seiten. Wir können sägen und sägen, und denken und denken, bis wir uns am Ende „in den Finger schneiden“, weil wir zu viel zersägt und zerdacht haben. Dann tut es weh, und in diesem einem Augenblick können wir (kann sich!) das Wesentliche, – das was wirklich IST! – wieder erfahren. In dieser Wirklichkeit IST die Welt einfach, mit allen Magneten und allen Menschen und ihren Gedanken, die glauben, dass in ihrer Abstraktion etwas wirklich und wahrhaftig sein könnte.

In der Wirklichkeit benötigt alles einen Gegenpol, einen Kontrast, um überhaupt erscheinen zu können. Das Licht braucht das Dunkel, die Wahrheit braucht die Lüge, das Leben den Tod – kein Schwarz ohne Weiß, kein Selbst ohne das andere. Und doch entspringt alles Geteilte, Duale und Gegensätzliche dieser all-einen Natur. Diese Natur selbst ist ohne Eigenschaft an sich, ist unbeschreiblich, – jede Beschreibung der Wirklichkeit ist nur ein Phänomen, eine Erscheinung in ihr selbst. Die Wirklichkeit IST jede Beschreibung, aber sie kann nie das sein, was beschrieben wird, – so wie der Finger, der auf den Mond zeigt, nicht der Mond ist. Diese Wirklichkeit hat keine Form, keine Eigenschaft, keinen Namen … sie ist einfach, in diesem Sinne ist sie das, was Menschen versuchen als „Gott“ zu begreifen. Und letztlich ist es „Gott“ selbst, „sozusagen“, der sich da im Begreifen zu begegnen versucht, sich aber gerade im Begreifen niemals begegnen kann, – der nur alle Erfahrung selbst IST. In der reinen Erfahrung, im reinen Sein finden Menschen und Gott wieder zusammen.