Nicht alles was scheint …

Mir scheint, dass das Verliebtsein, im Gegensatz zur Liebe!, einfach auf der Illusion und Spiegelung fußt, dass man viele Gemeinsamkeiten hätte, ja, fast gleich sei. Ohne den anderen wirklich zu kennen, entsteht für jeden Partner dabei ein trügerisches WIR-Gefühl aus sich selbst und seiner Vorstellung über den anderen. Ohne sich dessen überhaupt bewusst zu sein, bleibt jeder doch nur bei sich, – und jeder erlebt sein eigenes WIR, für das er sich vermeintlich selbstlos aufopfert. Ein stark erodiertes Selbstbild ist von dieser Verliebtheit und Aufopferung sogar „abhängig“ und kann sich so jedes Arschloch zum Traumpartner „vorstellen“ und sich unbewusst weiter den eigenen Selbsthass von ihm spiegeln lassen. Dieses Verliebtsein ist aber bestenfalls ein vorübergehender Zustand, ein Glücksgefühl der vermeintlichen Erfüllung, ein Wiedererspüren seiner selbst, ein biologisch initiierter Rausch von Hormonen und Neurotransmittern, – ein Zustand aber, der sich erschöpft und der letztlich an der Realität zerbricht, dass der andere leider doch nicht mehr unseren Vorstellungen entspricht, weil er doch so ganz anders war oder sich angeblich verändert hat. Der Spiegel beschlägt und verzerrt dann, und wir verschwenden viel Anstrengung und Zeit darauf, ihn zu verbiegen und zu polieren, damit das Bild, was er uns zeigt, endlich wieder unseren Erwartungen entspricht. Können wir so doch nur lieben, was unseren liebenswerten Vorstellungen entspricht… in uns, im anderen.

Die wirkliche Liebe unterdessen ist das Bewusstsein und die Bereitschaft, sich Gemeinsamkeiten zu erschaffen und gemeinsam neue Erfahrungen zu sammeln, – zusammen leiden, zusammen lachen! Geteilter Schmerz und geteilte Freunde verbinden erst, und ohne sich dabei zu öffnen und die eigene Fehlbarkeit und Verletzlichkeit zu offenbaren, ist auch keine Intimität, Berührung und Nähe möglich. Liebe spiegelt nicht mehr, sie nimmt Anteil und teilt. Liebe ist mehr als ein vermeintlich perfekter, glückseliger Zustand, – Liebe ist eine bewusste Entscheidung für einen Weg, auf dem sich zwei Persönlichkeiten, mit allen ihren Schatten einen gemeinsamen, wirklichen Raum des WIR schaffen wollen, um sich erfüllt, frei und geborgen zu fühlen. In einer oft gefühlskalten und bequemen Welt! Ein Raum, den sie unentwegt erweitern, vergrößern und mit Licht und Wärme erfüllen möchten, wo noch Kälte und Dunkelheit herrschen. Liebe bedingt zutiefste Ehrlichkeit voreinander und braucht Mut!, – Liebe ist kein Selbstläufer und kein Scheinbild einer vermeintlich heilen Welt mit vermeintlich heiligen Menschen. In fast jedem von uns steckt auch noch ein „Teufel“. Wer ihn nicht im Lichte betrachtet, füttert ihn mit Dunkelheit.

Die Liebe kann niemals bedingungslos und selbstlos sein, solange sich da nicht zwei aufrichtige und gereifte Menschen begegnen, die sich ihre Schatten, ihren Egoismus, ihre „Sünden“ auf dem Lebens- und Liebesweg bewusst machen. Die Enttäuschung ist dabei ihr größter Lehrmeister! Die wirklich bedingungslose und selbstlose Liebe ist ein Paradox! Wirklich ganz lieben kann erst der, der erkennt, dass er gar nicht bedingungslos und selbstlos lieben kann, und/weil er noch niemals bedingungslos und selbstlos geliebt wurde. Jedenfalls dürfte dies auf die allermeisten Menschen zutreffen.

(Auf mich natürlich nicht!!! Bin ich doch eine Heilige ;-))
 

Hinweis: Auch dieser Artikel ist freigeben für jegliche Verwertung. Ihr können damit machen was ihr wollt, ihn auch kommerziell nutzen, sofern die Quelle (Janice Jakait / jakait.com) angegeben wird.