Krieg und Frieden

Du glaubst, mich kümmern nur deine großen Erfolge, – die Siege, die du in den Schlachten des Lebens errungen hast? Nein, mich kümmern vor allem deine schrecklichsten Niederlagen! Ich will von den Schlachten hören, die du hoffnungslos verloren hast. Nur darin kann ich begreifen, was du bürdest und trägst und wer du wirklich bist. Wie du im Angesicht völliger Machtlosigkeit nicht zerbrochen bist; wie du dir deine Seele und dein Herz bewahrt hast, wie du wieder aufstehen und damit weiterleben konntest, das will ich wissen! Auch deine Waffen und Rüstungen interessieren mich nicht! Ich will nicht wissen, was du nun alles weißt oder besitzt, – ich will das erfahren, auf das du noch immer keine Antwort kennst; ich will dass du mir zeigst, was du verloren hast. Was ist denn all das wert, was du erreicht hast – wie kannst du all das schätzen – wenn du nicht ebenso viel verloren weißt?! Also sprich nicht so viel von deinen Siegen, öffne mir lieber dein Herz und gewinne damit meines; zeige mir all die klaffenden Wunden, die womöglich niemals verheilen; lass mich fühlen, was du allein nicht fühlen willst; offenbare mir deine Seele, teile deine Furcht und deine Tränen mit mir. Nur dann vermag ich mich in dir zu erkennen. Und nur dann erkennst du dich auch in mir. Und wenn wir dann, gemeinsam, aus tiefstem Herzen schweigen oder lachen, dann ist uns dieser Friede im Augenblick auch heiliger als jeder große Sieg in der Zukunft oder Vergangenheit. Ist doch alles andere als die Wahrhaftigkeit der Liebe am Ende ohnehin verloren. — jj. #mitternachtspoesie

„Die Menschen können dir nur so tief begegnen, wie sie sich selbst begegnet sind.“ – Verfasser unbekannt