Ich war eine Grenzgängerin auf der Suche nach mir selbst, nach Wirklichkeit, nach tiefen Gefühlen, und am Ende gewiss auch nach Gott. Ein zutiefst ungehaltener Mensch, der einen höheren Sinn in diesem Leben erkennen und die Natur der Schöpfung durchdringen wollte. Ich bin eine mutige, ehrliche und offene Frau, eine, die die Natur- und Geisteswissenschaften ebenso, wie alle bedeutenden Natur- und Weltreligionen nach Schöngeistigem durchstreift; die Wahrheit aber wähne ich nirgendwo anders mehr, als im eigenen Erleben und Bewusstsein.

Ich bin 44 Jahre alt, arbeite als Autorin, Referentin sowie in der Sterbebegleitung und in der Pflege. Die Themen Vergänglichkeit und Sterben stehen mir im Besonderen sehr nahe.

Im Herzen fühle ich mich sehr verbunden mit Menschen wie Laotse, Buddha, Bodhidharma, Jesus von Nazaret, Nisargadatta Maharaj, Rumi, Johannes vom Kreuz, Teresa von Ávila, Hermann Hesse und Alan Wilson Watts, die Leuchttürme auf meinem Wege waren. Die modernen Naturwissenschaften prägten mich ebenso, wie die großen Religionen, fernöstliche Philosophien und spirituellen Strömungen. Ich habe mich allem geöffnet, lasse mich inspirieren, borge mir Worte und Bilder, um zu beschreiben, aber ich verhafte in keiner Ideologie oder Lehre mehr, nur in meiner ureigensten Erfahrung. Am Ende des Weges gilt es alle Lehren und auch den Buddha zurückzulassen, und den Weg allein zu beenden, so mahnte der Buddha. Erst wenn nichts mehr mit dem begrenzten Geist gesucht wird, lässt sich das Wesentliche wieder erfahren …
 
 
Kurze Vita: Seit meiner Kindheit begleiteten mich vier Träume: Ich wollte Schriftstellerin werden, mich auf die Bühne stellen, Bestseller verfassen und in einen einsamen Leuchtturm ziehen, um dort in Ruhe schreiben und dabei ferne Sterne beobachten zu können. Ich flog von der Schule und konnte weder Literatur, noch Astrophysik studieren. Da ich auch als Zirkusclown keine Anstellung fand, landete ich in der IT und gründete ein kleines Unternehmen. Das Hamsterrad aus Unzufriedenheit, Existenzängsten, Abhängigkeiten und Ausreden setzte sich erwartungsgemäß auch bei mir in Gang. Ich stürzte von einem erhofften Ziel der Erfüllung zum nächsten, kam aber nirgends wirklich an. Ich lebte immer am Puls der Zeit, aber mich und meinen eigenen Puls spürte ich kaum mehr – letztlich waren da nur mehr Erschöpfung, Angst, Sinnkrisen und Depressionen. Ich hoffte lange noch, mein Hamsterrad würde sich zum Karussell wandeln, wenn ich nur noch schneller darin rennen würde. Vergeblich. Alles was blieb, war eine unerträgliche Sehnsucht. Doch wonach nur?

Mein Ruderboot Bifröst in mittlerem Seegang / 2012Ich war so orientierungslos, dass ich 2011 alles hinter mir abbrach und in Portugal in ein winziges Ruderboot stieg, um ganz allein auf die andere Seite des Atlantiks zu rudern. Ich wollte weg von allem. Aber man kann eben nicht weg von sich selbst! Diese Unternehmung war nun wirklich reichlich unvernünftig, aber da draußen begann ich mich auch wieder daran zu erinnern, dass Vernunft allein selten glücklich gemacht hatte im Leben, und dass wirklich wundersam Berührendes niemals in den Kopf passen kann. Nach drei Monaten und 6500 Kilometern, nun begleitet von einer Seeschwalbe und einem Wal, und mit etwa einer Million Ruderschlägen erreichte ich die Karibik. Diese Erfahrung öffnete mir eine Tür in ein anderes Leben, – die Reise vom Kopf zurück ins Herz begann! – zurück zu meinem Kern, zu meinen wirklichen Bedürfnissen, zu meinen Gefühlen.
 
 
Interview nach einem Vortrag auf der Buchmesse Frankfurt 2015Nach diesem nächsten Knick in meinem Lebenslauf begann ein zweites, ein bewussteres Leben… mein eigenes Leben! Und nun hatte ich mal endlich ein Ziel erreicht, über das es sich auch lohnte ein Buch zu schreiben. Je mehr ich bei mir selbst ankam, desto mehr Türen öffneten sich von selbst plötzlich. Tosende Stille wurde mein erster SPIEGEL-Bestseller, Freut euch nicht zu spät landete als zweites Buch auf dieser Liste. Bald las ich vor hunderten Menschen aus meinen Werken vor oder redete frei sogar vor Tausenden auf Veranstaltungsbühnen.² Hunderte Artikel und Interviews erschienen über meine Rudertour, meine Bücher und meine Gedanken über die Welt, über uns Menschen und die Schöpfung, und ich konnte selbst als freie Journalistin publizieren. ³ – Drei meiner vier Lebensträume erfüllten sich im Lawinentempo, nur weil ich wieder einmal aus Verzweiflung mutig war, anstatt nur auf die anderen und auf meine Vernunft zu hören.

Genau in dem Augenblick dann, als mich nach einem Abendvortrag in Fulda 2015 eine ältere Dame vor der Bühne erwartete, mich in den Arm nahm und sagte: „Frau Jakait, sie brauchen keinen Leuchtturm mehr, sie sind selber einer geworden!“ … in dem Augenblick erfüllten sich alle meine vier großen Lebensträume. Alles eine Frage der Perspektive. Und in diesem Moment begriff ich ganz besonders wieder, welches unermesslich große Privileg mir gewährt wird, Menschen berühren zu dürfen und wie stark ich an meinem Weg geworden bin.

Janice Jakait / 2012 auf hoher See zwischen Europa und Amerika„Glück ist nur echt, wenn es geteilt wird.“, so lautete der letzte Satz, den der Aussteiger Chris McCandless in sein Buch kritzelte, als er einsam in der Wildnis Alaskas starb. Kaum ein anderer Satz hat mich so bewegt wie dieser. Ich bin glücklich, meine Erfahrungen und Erkenntnisse heute mit denen teilen zu dürfen, die daran Anteil nehmen möchten.

Das zweite Leben beginnt, wenn man begreift, dass man nur eines hat. Am Ende ist das eigene Leben nur die Summe selbst-bewusster Entscheidungen, trotz aller Ängste und Zweifel – es ist die Erfahrung des eigenen Mutes, und damit die Erfahrung seiner wahren Größe … und es ist der Weg raus aus Denkschleifen, Machgefühlen, Kontrollzwang und Sicherheitswahn, der Weg zurück in die Demut und ins Urvertrauen. Was kümmern den Ozean die Wellen. ༄