Die Wahrheit ist … viel, viel schlimmer

Mehr als 5000 Kilometer, allein im Ruderboot über den Atlantik. Mein letztes Wort? Der aufmerksame Beobachter dürften in den letzten Wochen bemerkt haben, dass mir der Name des Starthafens nur zögerlich über die Lippen rollen wollte. Auch bei der Distanz kam ich schnell ins Schlingern. Und überhaupt, wofür plane ich da eigentlich mit völlig überdimensionierten Nahrungsvorräten für 120 Tage? Warum quetsche ich zusätzliche 30 Tage Ballastfutter durch die engen Luken, wo am Ende jedes Gramm zählt?

Also, was stimmt hier nicht? Die Wahrheit ist: Alles wird noch viel schlimmer! Und, ihr ahnt es: dieser neue Plan steht auf einem längeren Pergament. Anstatt auf den Kanarischen Inseln zu starten (westlich von Marokko/Afrika), stellte sich schon immer die Herausforderung das Boot vom europäischen Festland abzustossen. Sagte ich eben „Europa“? Ja, und meine dabei Portugal im Speziellen. Wer jetzt auf auf die Karte schaut, der wird sicher mit den Augen rollen. Eine völlig durchgeknallte und gefährliche Idee, absolut unmöglich, so scheint es. Aber nach genauer Analyse wissen wir dass es eben doch geht. Eine Strecke von zusätzlichen 1500+ Kilometern, bei einem kritischeren Zeitfenster, mehr Verkehr, ungünstige(re) Strömungen mit dem Risiko in Marokkos Norden an der Küste angespült zu werden. All diese Faktoren der Gleichung kennen wir genau, sicher. Die Herausforderung lächelt mich an, und sie wartet nur darauf ergriffen zu werden. Bin ich dazu bereit? Bereit am Ende nicht drei sondern vier, womöglich fünf Monate da draußen zu bleiben?

Doch worum geht es dabei eigentlich? Geht es nur darum einen weiteren verrückten Rekord aufzustellen? Nein, es geht erst einmal darum mit dem Projekt zu wachsen, ihm Raum zum schwingen zu geben, sich entfalten zu lassen. Die Risiken sind kalkulierbar. Ich erwäge die Tat; ich habe dank realistischer Planung genügend Zeit; das richtige Team an meiner Seite. Mein Herz sagt: „Ja, unbedingt!“ – mein Verstand hat es weniger eilig, gut so! Und es gibt andere Gründe dieses „Wagnis“ einzugehen: organisatorische, vor allem moralische! Die ganze Kiste eben, wie immer. Das Projekt wird aufwendiger, teurer, ja – aber ich bin eine Kämpferin und weiß dass ich diese Probleme schon lösen werde. Tatsache ist: Ich liege im Zeitplan. Größere Probleme, die ich fürchtete in einem langen Kampf niederringen zu müssen, die liefen von selbst davon. Gut, einige andere haben mir schonmal hier und da eines übergebraten … und dennoch verloren. Ich kann atmen, wachse mit dem Material zusammen, gewinne Freiraum und könnte ihn nun mit neuen Herausforderungen füllen. Das würde ich gern tun. Ich weiß ich habe Reserven, und die möchte ich in kleinen Portionen investieren, möchte am Ende ballastfrei den Zeh ins Wasser tauchen und sagen: „Mehr geht nicht!“ Egal in welchem Starthafen. Ich hatte den Plan in Portugal zu starten nie verworfen, aber ich wusste es wäre nur eine Option die ich wagen könnte, wo das Projekt ohne Schwierigkeiten in der Vorbereitung vorankäme und ich das zusätzlich benötigte Material bekomme.

Ich versprach Ehrlichkeit in diesem Blog, Und wo ich dieses Projekt im alten Stile und gnadenlos vermarkten wollte, da würde ich einfach die Klappe halten, würde das Thema nicht ansprechen bevor die Koffer gepackt sind. „Überraschung!“ Aber es ist eine Tatsache die aktuell im Projekt große Wellen schlägt und die mich beschäftigt. Ich fühle einfach die Notwendigkeit diese Entwicklung zu kommunizieren. Alles andere wäre auch nur mutlos… und das passt nun mal so gar nicht zu mir!

Es ändert sich nichts an meinem Sicherheitskonzept, die Strecke, die Herausforderung wächst gewaltig, ja. Es bleibt Hölle, Hölle, Hölle und Himmel. Und ich betone es immer wieder: Ich weiß was ich tue, ganz genau sogar. Ich habe die Erfahrung, halte die Werkzeuge in den Händen, stelle mich der Herausforderung mit größtem Respekt. Aber ohne Furcht!

Also Portugal, mehr als 6500km, 130 Tage? Ja, danach schaut es im Moment aus.

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