Drei Jahre später …

Seit mehr als drei Jahren bin ich nun auf der bewussten Suche nach mir selbst. Hoffte, das wiederzufinden, was ich bin, um nicht mehr weiter an diesem verzerrten Selbsbild klammern zu müssen, das ich und andere aus mir gemacht haben – und das sich immer weiter, hin zur vermeintlichen Perfektion selbstoptimieren will, um endlich irgendwann mal Jemand! und GUT GENUG zu sein. „ (Selbst)Liebe ist die Abwesenheit von Urteil“, heißt es … diese Abwesenheit von Urteilen und Meinungen habe ich gesucht, die Stille im Kopf. Ich bin dazu über einen Ozean gerudert, habe die Einsamkeit und meine größten Ängste konfrontiert. Vor allem diese eine Angst, vor der Vergänglichkeit und dem Kontrollverlust, vor der absoluten Machtlosigkeit, zu deren Musik doch alle anderen Ängste und Sorgen nur wie Marionetten im Kasperletheater tanzen. Ich habe mich in hunderten Büchern und Weisheiten verrannt, habe meinen Geist und meinen Körper ausgebrannt, mit wochenlanger Meditation, mit kompromisslosem Reizentzug oder totaler Reizüberflutung. Und natürlich auch mit Entheogenen und bewusstseiserweiternden Substanzen aller Herrenländer und Kontinente, die schnelleren Zugang zum Selbst versprechen. Das Ziel: diese unfassbaren Zustände von Freiheit, Stille, Friede, Geborgenheit und Liebe -=> nur wieder dort ankommen und endlich bleiben! Immer wieder waren sie greifbar, aber nie von Dauer. So viele Wege führen dahin, doch leider führen auch so viele Wege wieder hinfort. Unvorstellbar, konzeptlos, jenseits aller Vorstellungskraft, ist, was man erlebt, wo man loslässt und einfach nur ist, wo der Kopf endlich schweigt und keine Meinung oder Theorie mehr dazu hat. Ich durfte kosten, aber bekam nie das Rezept in die Hände. Ganz gleich welchen hohen Preis ich auch bereit war, dafür zu bezahlen – ich war wohl nicht bereit dazu, dieses Glück als Geschenk zu empfangen und anzunehmen. Denn es ist womöglich einfach nur da, bedingungslos, Jetzt, Hier. Und es kostet eben nichts und keine Anstrengung, um hierher zu gelangen – und damit ist jeder zielstrebige und leistungsorientierte Kopf gleich doppelt überfordert und kämpft noch viel mehr, um auf „planbaren“ Umwegen, in dieses ominöse Hier und Jetzt zu finden. So einfach darf es doch nicht sein …

Gar nichts halte ich jetzt in meinen Händen, außer Machtlosigkeit. Alles was ich gefunden habe und geworden bin: Konzepte und Schubladen, die nur in meinem Kopf und in den Köpfen der anderen herumquietschen – Gedankenschleifen, ein verzerrtes Selbstbild, eine fehlerbehaftet Kopie meiner selbst. Und dieses Selbstbild, mit dem ich mich identifiziere, das man mir schon als Kind in den Kopf gepflanzt hat .. Mensch, Erwartung, Ding … es ist nichts als eine Illusion, die viel zu groß ent-wachsen und entartet ist. Ich bin nichts davon – nichts von dem, das ich aus mir – das andere aus mir! – gemacht haben. Und so lange ich dies auch schon weiß und verstanden habe, wie so viele von Euch, erst jetzt, wo ich beginne, es zu begreifen und durch die Hölle gehe, wird mir klar, welche Konsequenz dieses Begreifen hat: Ich verliere alles was ich geworden bin! Und das Einzige, was mich am Leben hält, ist nurmehr Vertrauen, Demut und die Hoffnung, darauf, dass ich am Ende womöglich doch endlich einfach so sein kann, wie ich bin und schon immer war: vollkommen, bedingungslos, ohne Weil! und Warum?, ganz frei von jedem eigenen und fremden Urteil, und frei von der Vergänglichkeit eines Selbstbildes, an dem ich mich festklammern will … aber mit dem ich am Ende ja doch untergehen muss. Nichts ist von Dauer, nichts existiert außer dem Augenblick. Und ICH BIN, nur jetzt, in jedem Moment neu und besonders. Und jeder andere ist es auch, darin sind wir alle eins!

Ich kämpfe an der Grenze zum Ertragbaren und Wahnsinn gegen das Loslassen – es ist so schwer, das aufzugeben, mit dem ich mich ein Leben lang identifiziert habe, und doch, ich kann es nicht mehr festhalten, weil es nicht wahrhaftig, weil es nichts als eine Vorstellung, eine Illusion ist. Es ist schwer mit dem Kämpfen aufzuhören, aber es erschöpft sich von selbst, wenn man nur lang genug gekämpft hat. Welch ein Segen vielleicht, für die, die die Chance dieser letzten großen Krise begreifen, die sich in das Sein hineinfallen lassen und nicht in der Verhaftung mit ihrem falschen Selbstbild untergehen.

„Jeder von uns schlägt Schlachten, von denen andere nichts wissen“ … das ist meine: Ich kämpfe gegen meinen Schatten. Das zweite Leben beginnt, wenn man begreift, dass man nur eines hat. Und so sterbe ich gerade mein erstes Leben, das nicht meines war, um das zweite, eigene Leben zu leben. Mehr nicht – aber auch nicht weniger. Am Ende suchen wir alle das Gleiche, in uns, in den anderen, in Allem. Ganz gleich, welche Namen wir dem Namen- und Konzeptlosen auch geben wollen, das wir da zu finden hoffen …. Gott, Liebe, Selbst, Sein … Das andere ist nur unser Spiegel, ankommen können wir nur bei uns Selbst.

Alles was wir suchen, verstecken wir hinter einer Wand aus Angst, die wir uns selbst hochziehen, damit wir weiter unbeirrt suchen und kämpfen und uns irgendwann ausbrennen können. Die Lösung eines Problems ist somit immer nur ein Umweg in ein neues – je klüger wir werden, desto komplexer werden unsere Probleme, desto höher ziehen wir diese Wand aus Angst. Erlösung von diesem Schattenkampf ist etwas anderes als die Lösung von Problemen.

Ich schreibe das hier, weil es mir im Moment oft schwer fällt, mich in Gesprächen zu erklären. Weil ich oft gar nicht mehr reden mag, denke, dass es ohnehin niemand versteht. Weil ich oft nicht mehr weiß, was ich erzählen soll und mich ja doch nur endlos im Kreis drehe und wiederhole … und es mir leid tut, dass ich stattdessen nicht „da“ sein kann, für Menschen, die mir eigentlich sehr am Herzen liegen.

„Das letzte Stück des (Um)Weges muss man allein gehen“, heißt es – vielleicht stimmt das ja und es sind nur noch ein paar Meter Umweg ins Hier und Jetzt. Wäre jedenfalls schön! „Das Ziel“: die Ziellosigkeit, das Treiben im Strom des Lebens, scheint zum Greifen nahe. Die Aussicht auf das „Einfach so sein!“, die ich bereits jetzt genieße, ist schonmal ganz wunderbar! Und vor allem: Wirklich nette Leute unterwegs hier in der Gegend, die ab und zu mal meinen Weg kreuzen und ganz lieb grüßen!

Auch nur nachträgliche Gedanken beim Zähneputzen…

Was wir begehren, ist nie das, was jetzt ist .. was wir uns davon erfüllen, ist bestenfalls nur das, was in der Vorstellung bereits war. Im Begehren erfüllen wir im Jetzt nurmehr vermeintliche Zukunft mit vermeintlicher Vergangenheit. Das was ist, was kommt, was uns überraschen will, können wir dann gar nicht mehr staunend und dankbar annehmen.

Erwartungen sind Gedanken, denen Gedanken der Erfüllung folgen. Was im Kopf geboren, bleibt im Kopf. Wir können etwas begehren oder ablehnen, am Ende hat es nichts mit dem Objekt zu tun, sondern nur mit uns selbst, unserer Imagination, unseren Gedanken. In der Begierde, in dem, was sein und wie es sich anfühlen soll, geht jedweder Bezug zu dem verloren, was (währenddessen) IST und wie es sich wirklich anfühlt. Wir landen im schlimmsten Fall ganz in dieser leblosen Parallelwelt der Vorstellung, die am Ende nichts mehr mit uns macht, wenn wir uns selbst nur noch über das definieren, was wir in Gedanken sein und besitzen wollten … und was wir ohnehin auch viel zu oft nicht erreicht haben.

Wir können nie wirklich bei dem ANKOMMEN und uns dem HINGEBEN (loslassen!) was wir begehren, es ist und bleibt nämlich eine Illusion im Kopf (auch wenn es tatsächlich am Ende mal so vor uns steht, wie wir uns das sehnlichst erwartet hatten.)

*Wir leiden, weil wir begehren* (Buddha)

*Am Ende f***** wir nur noch unsere Erwartungen und simulieren die Gefühle – so wie es sich anfühlen sollte! – im Kopf … haben aber wenigstens noch das Gefühl alles unter Kontrolle zu haben :-)* (unbekannt oder eben schamlos erfunden)