Am Katapuls des Lebens

Bisher lebte ich in einer Welt,
in der ich oft gar nicht mehr wusste,
wo wirklich oben ist, und wo unten –
was richtig ist, und was falsch.
Irgendwie wollte ich immer alles.
Einfach alles!
Mein Herz katapulsierte mich
durch alle Räume und Sphären.
Unbegrenzte Möglichkeiten!,
und jede habe ich wenigstens angeleckt.
Frauen, Männer, Zölibat …
Komödie, Drama, Nonnenkloster …
Manches kam mit großer Seele!,
und andres kam so wie ein Sturm.
Tausende Male auf Wolke Sieben –
Tausende Male im Keller Nummer zwölf.
Und alles wollte ich wissen,
noch vom letzten Winkel der Welt,
aber leider wollte ich auch alles verstehen!
Mich selbst habe ich jedenfalls nie begriffen.
Erst flog ich wie ein Vogel im Paradies,
dann saß ich wieder wochenlang
meditierend in einer Höhle,
oder trieb allein auf dem weiten Ozean,
um mit Wänden oder Walen zu sprechen;
um Kopf und Herz zu versöhnen;
um endlich „vernünftig“ zu werden!
Kein Vermögen auf der Bank,
kein Haus mit kleinem Garten,
ja nichtmal einen Küchentisch!
Wie kann ein Mensch,
der angeblich immer den Frieden suchte,
in so einem Leben Frieden finden?
Ich hatte nur Frieden mit meinem Unfrieden.
Ja!, wie kann ein Wesen,
das soviel Nähe und Liebe teilen wollte,
sich in so einem Leben selbst nahe bleiben?
Ich war mir ebenso nahe, wie ich mir fremd war.
Und alles habe ich erreicht –
alle meine großen Träume!
Dann habe ich immer wieder alles verloren, –
jeder Traum, in seiner Erfüllung: zerplatzt!
Aber kann man wirklich ankommen,
wenn man nicht auch alles
erfahren und gefühlt hat?
Weiß man, wo man zu Hause ist,
wenn man nicht an jedem Ort
für einen Tag sein Zelt aufgeschlagen hat?
Begreift man tatsächlich, wer man ist,
wenn man nicht auch alles gewonnen
und wieder verloren hat?
Bleibt nicht erst dann das Wahrhaftige übrig? –
das Wesentliche und die Essenz ….
Man selbst!
Und vielleicht wollte ich auch
einfach nur das eben … LEBEN!
Aber das Leben in seiner Fülle
ist ein ewiges Auf und Ab,
ist Licht und Schatten.
Und wie kann man dann festhalten,
wenn man nicht auch loslassen kann!
Um wirklich im Licht zu bleiben,
muss man auch im Regen tanzen wollen…
für nur so blassgraue Tage,
wäre mir das Schreibpapier zu schade.
Und doch, oft habe ich mich gefragt,
warum mir das alles nicht reicht,
was den Meisten anscheinend reichte.
Immer mal wieder wünschte ich mir,
ich wäre einfach nur „normal“.
Denn heimlich habe ich sie bewundert,
wie sie es da nach einem Weckerklingeln
bis um halb acht an ihre Stechuhr schafften,
und dann glücklich in der Frühstückspause
in der BILD-Zeitung versanken.
Wie viele Jahre hatte ich das versucht!
In ihrer Welt war dann einfach schon
Dieter Bohlen komplett Scheiße,
und als Highlight des Jahres
reichte ein Open-Air-Event mit Mario Barth.
Je weniger man wagen will, umso
wohler fühlt man sich in seiner kleinen Welt.
Jeden Sonntag meckerten sie über den Montag;
und jeden Freitag meckerten
die Männer wieder über die Frauen,
und die Frauen über die Männer.
Und niemals wurde ihnen langweilig davon…
Beeindruckend!!!
Mein Leben kannte keine Wochentage mehr,
und an so manchem Feiertag stand ich
wie ein Idiot vorm verschlossenen Supermarkt;
mit einem Einkaufszettel voller Bleistift-Herzen
in der Tasche deiner geliehenen Jacke.
Es war schon Donnerstag, und nicht Mittwoch.
Den Rotwein haben wir uns dann eben nachts
an der Tanke gekauft, manchmal im Tetra-Pack.
Und wenn wir dann durch die leeren Gassen tanzten,
schmeckte die Plörre sogar besser
als jeder preisgekrönte Chardonnay.
Wir brauchten nichtmal Gläser, wir hatten uns.
Berauscht voneinander staunten wir unter dem
Sternenhimmel, und wir dachten, wir seien auf LSD.
Dann haben wir die Sternbilder
in unseren Sommersprossen gesucht, –
und ich fühlte mich wie Fräulein Einstein,
weil ich alle ihre Namen wusste…
und sogar noch Platz am Firmament fand,
für ein Sternbild mit deinem Namen.
Da leuchtet es nun, auch wenn du nicht mehr da bist,
für die nächsten fünf Milliarden Jahre noch.
Die meisten Menschen schliefen dann schon.
Viele von ihren nur mit Schlaftabletten.
Gott, wie viele Nächte wir zum Tag gemacht haben,
und wie viele Tage zur Nacht.
Wenn wir da lagen und uns unsere Gedichte vorlasen,
unsere tiefsten Sehnsüchte und Gefühle auf Papier, –
den Kopf im Schoß, eine Hand im Haar;
oder wenn wir uns mit Edding
den Sinn des Lebens als Einzeiler
über den Bauchnabel kritzelten:
„Carpe diem!“, „Der Sinn des Lebens ist leben!“,
„Glück ist nur echt, wenn es geteilt wird!“;
wenn wir große Pläne fassten,
wie wir einfach abhauen würden morgen,
nach Indien, Tibet, Marrakesch …
um diese stumpfsinnige Welt hinter uns zu lassen …
da gab es für uns aber keinen anderen Ort,
als genau diesen einen Augenblick.
Und warte nur, der Tag kommt und wir sind weg!
Du und dich – Toi et moi!
Aber in diesem Augenblick wenigstens,
da gab es keine Regeln und Grenzen mehr,
da waren wir frei wie der Wind,
da haben wir uns ganz ineinander erkannt.
Da warst du genau so wie ich, und ich war wie du.
Und wir beide waren einfach nur irgendwie …
anders als alle anderen –
einfach nicht von dieser Welt.
Und irgendwie besteht die Hälfte meines Lebens
doch nur aus solchen Momenten.
Wenn wir uns stundenlang berührten,
mit Worten, Blicken, Händen …
Les mots sont mes mains,
… mon plus cher compagnon!
Die Augen nass vor Lachen,
Das Lippen nass von Seelentränen,
Die Körper nass voneinander,
da wollte ich auch niemand anders sein,
und mit niemand anderem.
Aber all das vergisst man,
wenn man sich nicht immer wieder
daran erinnert, indem man es
wieder erlebt, und erlebt, und erlebt.
Die einzig echte Erinnerung
ist das Leben selbst im Hier und Jetzt!
Und nun sitze ich hier,
mit einem alten Chardonnay,
und ich muss lachen,
über dieses ganze verrückte Leben.
Ich bin nur ein Trunkenbold …
total besoffen vom Zauber der Welt..
Im Herz bin ich Poet,
Im Kopf ein Philosoph,
In der Seele aber – in der Liebe,
da bin ich nur ein Narr.
Und irgendwann bin ich weg,
und irgendwer kommt mit.
Ich bring die Freiheit
du bringst den Rahmen,
damit die Farben nicht zerfließen,
dann malen wir uns ne eigne Welt.
Du und ich – Toi et moi!